Samstag, 19. Juli 2014

Die Zukunft beginnt im Heute

Still war es hier in der letzten Zeit. Der Grund dafür ist, dass es hier in El Salvador und in meinem Leben in den letzten Monaten alles andere als still war. Viele Nachrichten erreichten mich, viele Nachfragen, wann denn endlich wieder was im Blog erscheine. Berechtigt!

Mir geht es weiterhin sehr gut hier und das Leben hat mich, während seit Anfang des Jahres über tausend Salvadorianerinnen und Salvadorianer das ihre verloren haben in einem Krieg der ungleicher kaum sein könnte und dessen Ende nicht in Sicht scheint. Das alles geht nicht spurlos an mir vorbei. In den letzten Monaten war ich näher an den Menschen, erlebe ihre Verzweiflung und ihre Hoffnung. Die Verzweiflung sieht man hier täglich in den Nachrichten. Von der Hoffnung will ich hier im Blog berichten.

Ich werde mich in der nächsten Zeit wieder häufiger hinsetzten und schreiben. Das bin ich den Menschen schuldig. Den Anfang macht ein Artikel von mir, der diesen Monat in der Badischen Zeitung erschien.

Danke für eure Nachfragen, euren Ansporn, eure Zweifel, eure Kritik und eure lieben Worte. Ich freue mich immer über Nachrichten und versuche zeitnah zu antworten. Gerne könnt ihr auch die Kommentarfunktion im Blog nutzen, jeweils unter den Beiträgen.

In diesem Sinne, auf das Leben und auf die Hoffnung!

Herzliche Grüße aus San Salvador in die Welt,

euer Benjamin


ETTENHEIM/EL SALVADOR (BZ). El Salvador ist das kleinste Land Mittelamerikas. Fast unscheinbar zwängt es sich zwischen seine größeren Geschwister Guatemala, Honduras und Nicaragua. Seine Geschichte steht diesen jedoch in nichts nach. Es ist die tragische Geschichte eines Volkes das ums Überleben kämpft. Die fünfhundertjährige Herrschaft der Großgrundbesitzer mündete Ende der 1970er Jahre in einen zwölfjährigen, blutigen Bürgerkrieg dessen Wunden bis heute nicht verheilt sind. Es hat heute gar den Anschein, dass der Bürgerkrieg niemals wirklich geendet hat. Es sind Jugendbanden, Drogenkartelle und rechtsextreme Gruppen, die das Land immer wieder in Angst und Schrecken versetzen. El Salvador hat eine der höchsten Mordraten weltweit. Die Lebensbedingungen in den zahlreichen Armenvierteln sind unmenschlich. Auch wenn die linke Regierung in den vergangenen Jahren viele Reformen vorantreiben konnte, bleibt noch viel zu tun in dem hochverschuldeten Land. 
Seit gut einem Jahr lebe ich nun in El Salvador und schließe hier an der Jesuitenuniversität UCA mein Theologiestudium ab. Auf den Spuren von Oscar Romero, dem 1980 ermordeten Erzbischof San Salvadors und der verschiedenen Befreiungsbewegungen tauche ich immer tiefer ein in diese so andere Realität. Trotz aller Widersprüchlichkeiten und traurigen Nachrichten sprüht El Salvador vor Leben. Zwei Drittel der Bevölkerung sind jünger als 30 Jahre. In ihnen ruht die Hoffnung des Landes auf eine rosigere Zukunft, eine Zukunft die im Heute beginnt. 
 

Sozialkundeunterricht im Grünen

Bildung ist einer der Schlüssel zu einer besseren Zukunft. Da der Zugang zu qualitativ hochwertiger Bildung in El Salvador nach wie vor sehr beschränkt ist, gibt es eine Vielzahl von nationalen sowie internationalen Initiativen, die besonders Jugendlichen aus armen Verhältnissen zu Gute kommen.

In den vergangenen Monaten hatte ich die Gelegenheit zwei solcher Projekte näher kennenzulernen. Bei dem einen handelt es sich um das Stipendienprogramm der UCA, das es jungen Erwachsenen aus benachteiligten Familien ermöglicht ein Studium an einer der besten Universitäten des Landes zu absolvieren. Die Stipendiatinnen und Stipendiaten werden während der gesamten Studienzeit begleitet und erhalten zahlreiche Möglichkeiten Praktika zu leisten und einen Weg ins Berufsleben zu finden, um so den Teufelskreis der Armut zu durchbrechen.

Mit Akademikern alleine kann allerdings keine Gesellschaft funktionieren. Jedes Land braucht Arbeiter, Bauern, Handwerker und Techniker, die gut ausgebildet und unter würdigen Bedingungen die Lebensgrundlage aller produzieren. Sie sind das Fundament einer jeden Gesellschaft. Vor wenigen Tagen startete das Projekt ‚Escuela Campesina‘ (Campesino/Bauern Schule) einer salvadorianischen NGO. Ziel ist es in vier Monaten einer Gruppe von jungen und motivierten Männern und Frauen die Grundlagen in ökologischer Landwirtschaft zu vermitteln. Dies soll ihnen ermöglichen nachhaltig gesunde Lebensmittel zu produzieren und zu vermarkten und so neben den an Einfluss gewinnenden Großkonzernen der Lebensmittelindustrie überleben zu können. An den Nachmittagen erhalten die Jugendlichen zudem Unterricht in verschiedenen allgemeinbildenden Fächern, wie Geschichte, Musik und Sozialkunde, letzteres unter meiner Anleitung.

Ich selbst durfte die Jugendlichen aus beiden Projekten kennenlernen und bin begeistert von ihrem Antrieb, ihrer Kreativität und ihrer Zukunftsvision. Sie sind Hoffnung für El Salvador und für unsere Welt. Leider sind derartige Projekte kaum möglich ohne Unterstützung aus dem Ausland. Sowohl das Stipendienprogramm wie auch die ‚Escuela Campesina‘ werden ausschließlich aus Spendengeldern finanziert. Auch Menschen aus Deutschland und Ettenheim haben dies ermöglicht, durch ihre Spenden im Umfang von 1100 Euro, die sie mir während meinem Deutschlandbesuch im Februar und im Rahmen meiner Vortragsveranstaltungen zukommen ließen. Wenngleich Spenden auch längst nicht alle Probleme lösen können und tiefgreifende Veränderungen in unser aller Verhaltensweisen notwendig sind, ich, und besonders die Jugendlichen selbst sind für diesen wichtigen Beitrag sehr dankbar.

Der Artikel auf der website der BZ: http://www.badische-zeitung.de/ettenheim/bildung-als-schluessel--86688646.html

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