Montag, 25. Februar 2013

Ruhige Töne, hohe Wellen

Die UCA ist nicht nur Geschichte. Sie ist vor allem Gegenwart und immer auch ein bisschen Zukunft. Das Motiv des Unterwegsseins in eine bessere Zunkunft begegnet mir immer wieder bei jedem Gang über den Campus. UCA ist kritisch, schaut genau hin, fragt nach und öffnet Räume für den Wandel. Ein kleines Beispiel dafür ist der "Ciclo de cine salvadoreño e independiente". In der Filmreihe der UCA wird über 6 Wochen hinweg salvadorianisches und zentralamerikanisches unabhängiges Kino gezeigt, häufig low-budget Dokumentarfilme, die jedoch einzigartige Einblicke in die Geschichte und Gegenwart dieser Region und ihrer Menschen gewähren. Für mich eine willkommene Einführung in die vida salvadoreña. In der UCA findet häufig gerade das Kleine, Extravagante, fast Verborgene eine Bühne, auf der es entdeckt werden will und kann. Am Samstagabend durfte ich so eine Bühne entdecken. Im Auditorio "Ignacio Ellacuria" dem AudiMax der UCA fand das "4° Encuentro de cantautores" statt, ein Treffen von Gößeren und Kleineren Liedermacher/innen und Sänger/innen aus ganz El Salvador, aus México und Uruguay. In einem beinahe gefüllten Auditorium präsentierten sie ihre Arbeiten. Lieder über die Liebe, das Vergessen, und zahlreiche politische Gedichte, die einzigartig virtuos zu Musik wurden, über den Bürgerkrieg, über die Desaparecidos (Verschundene und Verschleppte, die es in nahezu jeder salvadorianischen Familie gibt), über Ungerechtigkeit und Gewalt. Ältere und bekannte Größen der salvadorianischen singer-songwriter Szene trafen hier auf junge, nationale Nachwuchstalente und fesselten  mit einer natürlichen Bescheidenheit und Nahbarkeit das Publikum. Einige der Highlights und Interpreten konnte ich bereits vorab kennenlernen, beim "Griechen" an der Ecke, wo sie jeden Donnerstag Abend in geselliger Künstlerrunde 'jammen' und bei einem kühlen Bier über die Welt und mehr diskutieren. Hier ist jeder ein Künstler und eingeladen mit am Tisch zu sitzen, zu lachen und zu singen. Mein Mitbewohner Carlos, Informatikstudent an der UCA, ist einer dieser Talente und kennt die Szene wie kein anderer. Er hatte bereits zahlreiche Auftritt im nationalen Fernsehen und verschiedenen Radiostationen. Am Vorabend noch die Generalprobe auf unserem WG Balkon stand er am Samstagabend mit "Amélie", seiner Gitarre, auf der Bühne und gab eine seiner herzhaften Balladen zum besten. Ein Abend im Kleinen, aber ein Abend der großen Geschichten und Gefühle. Hmmm... dies klingt fast wie eine Metapher für dieses kleine, großartige Land.


Mein Mitbewohner Carlos Cruz

Melissa Oliva

Ariosto Montesinos aus México


Carlos singt "Lamparita"

Am Sonntagvormittag durfte ich schließlich eine weitere Seite dieses Landes kennenlernen. Mario nahm mich gemeinsam mit Lorien mit zur nahen Pazifikküste. Das Rote Kreuz El Salvadors organisierte dort an diesem Tag ein großes Event, "El Paso del Hombre" (frei: Die Große Durchquerung). Etwa 100 Freiwillige des Roten Kreuzes, Jugendliche und Erwachsene aus dem ganzen Land sowie eine Gruppe aus dem benachbarten Honduras, stellten sich der Herausforderung eines Schwimmmarathons. Ziel war es von der Provinzhauptstadt La Libertad in den Pazifik hinauszuschwimmen und schließlich in einem großen Bogen die Playa de San Blas zu erreichen, 21km auf dem offenen Meer, begleitet von Versorgungsbooten des Roten Kreuzes ausgestattet mit Notfallausrüstung inklusive Sauerstoffgeräten, die alle aufnahmen, die auf der Strecke blieben. Wer die Probe bestand und bis zum Ende durchhielt erhielt das Privileg während der kommenden Saison als "guardavida" (Küstenretter, baywatch) zu arbeiten. "El Paso del Hombre" ist also als eine Art Qualitätssiegel für Küstenretter des Roten Kreuzes zu verstehen. Da badet es sich gleich viel beruhigter.
Früh um 7.00 Uhr machten wir uns auf den Weg die knappe halbe Stunde hinunter von San Salvador zum Strand. Die Hafenmole und der Strand im Puerto de la Libertad waren bereits gefühlt mit Menschen, Cumbia Klänge tönten aus den Lautsprechern, die Sonne stand hoch am Himmel. Schwimmerinnen und Schwimmer versammlten sich in verschiedenen Gruppen entsprechend ihrer Badekappenfarbe und lockerten ihre Muskeln. Nach einer kurzen Begrüßungsansprache der Organisatoren startete die erste Gruppe enthusiastisch in die Fluten. Zunächst ankämpfend gegen die mächtigen Wellen, die sich schäumend auf dem Sandstrand brachen, verschwanden sie in der Gischt und waren bald nur noch als kleine farbige Punkte vor dem Horizont auszumachen. Wenige Minuten später startete die nächste Gruppe und wieder die nächste. 

Die Mutigen gehen in Startaufstellung...

...stürzen sich in die Fluten...

...und verschwinden bald im Blau des Ozeans.

Während sich die Rettungsschwimmer durch die unruhigen Fluten und verhängnisvollen Strömungen des Pazifik quälten erkundeten wir die entspanntere Seite der Küste vom Land aus. Auf der Hafenmole verkaufte man frischen Fisch, Hummer, Krebse, Muscheln und was das Meer an diesem Tag sonst noch so hergeben wollte. Die Fischerboote wurden per Lastenkran auf den breiten Steg hinaufgezogen und der Fang sofort auf den Verkaufstisch gebracht oder gar direkt vom Boot weg verkauft. Ein dichtes Gedränge herrschte an diesem Tag an der Anlegestelle. Einheimische, Strandbesucher aus der nahen Hauptstadt und vereinzelt auch ausländische Touristen wollten von hier aus einen Blick auf die mutigen Schwimmer/innen erhaschen, die angenehme Brise genießen oder einen besonders guten Preis für das Mittagsmal erzielen. Eine Rettungsfliegerstaffel präsentierte dem Publikum in Zusammenarbeit mit der salvadorianischen Luftwaffe verschiedene Luftrettungstechniken, die von der begeisterten Menge mit angehaltenem Atem vom Ufer aus beobachtet wurden. Stand die Sonne schon hoch am Himmel, stieg sie nun noch höher und machte die Hitze fast unerträglich. Nach einer kleinen Stärkung im Schatten der Strandpromenade machten wir uns mit dem Auto auf den Weg nach San Blas. Mein erstes echtes Stranderlebnis am mittelamerikanischen Pazifik. Es übertraf all meine Erwartungen. Vom mächtigen Pazifik steigt flach ein dunkler, feiner Sandstrand auf, sauber und in der Sonne glühend verliert er sich nach etwa 50 Metern schließlich im schattigen Grün der Palmenhaine. Das musste ersteinmal wirken und wie kann dergleichen besser wirken als bei einem erfrischenden Kokoscocktail direkt aus der "Nuss". Während ich mich endlich selbst in die warmen Fluten stürzte kamen in Sichtweite bereits die ersten Schwimmer nach mehreren Stunden Hochleistung am Strand von San Blas an. Auch wenn den drei schnellsten attraktive Geldpreise winken zählt hier hauptsächlich das Dabeisein und das Ankommen.
Nach einem kurzen Zwischenstop bei einer Brutstation für Meeresschildkröten und einer deftigen Stärkung in einer der traditionellen Marisquerías in La Libertad kehrten wir am frühen Nachmittag zufrieden und etwas benommen von so viel Sonne in die sonntäglich ruhige Hauptstadt zurück.
Ein schöner Tag.
Danke Mario, Norma, Lorien und Fer für eure Freundschaft und die unvergesslichen Abenteuer in eurem beeindruckenden Land!!!
In die Welt hinaus sage ich wieder einmal danke fürs Lesen, Mitleben und Schreiben und bis zum nächsten Mal mit herzlichen Grüßen aus San Salvador :)


Die Armee übernimmt in El Salvador seit einigen Jahren wieder die Sicherung öffentlicher Plätze - in Anbetracht der jüngeren Geschichte des Landes ein nicht unproblematischer Fakt.



Ein potentieller Käufer begutachtet den Fang











Mittwoch, 20. Februar 2013

Eine Universität für den sozialen Wandel

Die Tage fliegen nur so vorbei. Obwohl ich derzeit noch keinen recht strukturierten Tagesablauf habe bin ich stets beschäftigt und verbringe sehr viel Zeit damit durch die Straßen zu schlendern, das Viertel zu erkunden, zum Einkaufen ins Zentrum zu fahren, zu Essen, zuzuhören und vor allem zu Staunen über all das Neue das mir hier tagtäglich begegnet. Fernando gedeiht prächtig, wächst jeden Tag ein Stückchen und hält die ganze Familie auf Trab. Lorien verleiht ihrer Euphorie über die Geburt des jüngsten Sprösslings weiterhin lautstark Ausdruck, trommelt auf Marios Bauch ein und ruft vergnügt: "Ich will noch ein Brüderchen!". Norma hat ihr indessen erklärt, dass Babys in diesem Alter noch alles schwarz/weiß sehen. Lorien zog daraus den logischen Schluss, dass Fernando folglich sie selbst, ihre Mutter und mich weiß sehen musste und ihm sein Papa Mario, der aufgrund seiner etwas dunkleren Hauptfarbe von seinen Freunden liebevoll "el negro" (der Schwarze) genannt wird, komplett schwarz erscheinen musste. Die Freunde und anderen Familienmitglieder konnten sich kaum halten vor Lachen auf diese kuriose Entdeckung hin, von Lorien nur mit einem schelmischen Grinsen begleitet.
Vergangene Woche, meine zweite Woche in El Salvador, begann ich auch mit den verschiedenen praktischen und bürokratischen Notwendigkeiten, die im Zusammenhang mit meinem zweijährigen Aufenthalt hier eben so anfallen. Mein erster und lange erwarteter Gang führte mich zur Universidad Centroamericana "José Simeón Cañas", der UCA, meiner neuen Uni. Der Campus liegt am südwestlichen Rand San Salvadors und gehört streng genommen eigentlich gar nicht mehr zur Hauptstadt, sondern zum Municipio de Antiguo Cuscatlán in der Nachbarprovinz La Libertad. In der Praxis merkt man jedoch nicht, dass man San Salvador verlässt, da die wachsende Bevölkerung, aufgrund von Reimmigration nach dem Bürgerkrieg und Landflucht, die Stadt mehr und mehr mit dem Umland verschmelzen lässt. Betritt man schließlich das eingezäunte Unigelände, nachdem man sich am Portal beim Sicherheitspersonal ausgewiesen hat, ist es als tritt man in eine andere Welt ein. Eine sauber asphaltierte Straße gesäumt von Palmen, und blühenden Sträuchern schlängelt sich elegant den Hügel hinauf. Zwischen den Backsteingebäuden und flachen Hörsälen laden gemütliche Sitzgruppen auf dem Rasen zum verweilen ein, mit einem Ausblick auf die gepflegten Sportanlagen der Universität, wo hartgesottene Läufer in der Mittagssonne ihre Runden drehen. Neben der Sauberkeit ist das wahrscheinlich auffallendste Merkmal des Campus die nahezu paradiesische Stille, was gewiss nicht nur an der Tatsache liegt, dass gerade noch Semesterferien sind und viele Studierende noch nicht an die Uni zurückgekehrt sind. 



Haupteingang - Universidad Centroamericana "José Simeón Cañas"
Auf dem Campus
Die Sportanlagen
Das Centro Monseñor Romero - die theologische Fakultät

Die Uni Kapelle "Cristo Liberador"
Altarbild im Stil indigener Kunst

Die Bilder der stinkenden und lärmenden Buskarawanen und der laut feilschenden Menschenmassen die sich erbarmungslos über das Schachbrettmuster des Stadtzentrums schieben, wo ich noch eine halbe Stunde zuvor den Bus gewechselt habe, scheinen wie aus einem fernen Traum. Dieser Kontrast macht mir einmal mehr die Ungleichheit und die gewaltige Schere zwischen Arm und Reich bewusst, die symptomatisch für so viele Großstädte, gerade im Lateinamerika des 21. Jahrhunderts, ist. Die Luxusvillen mit Helikopterlandeplatz der Superreichen, die sich noch weiter oben an den Hügeln von Antiguo Cuscatlán aneinanderreihen kenne ich nur aus Erzählungen. Doch mir ist klar, auch das ist El Salvador. Diese immense Ungleichheit zu überwinden, die mit Quelle der immernoch erschreckend hohen Kriminalitätsraten und der Gewalt im Land ist, und neue Wege der sozialen Inklusion und öffentlichen Teilhabe zu gehen, sind die großen Herausforderungen dieser Zeit, um Demokratie, Frieden und gerechten Wohlstand nachhaltig zu sichern. Die UCA hat an diesen Prozessen keinen geringen Anteil, wenngleich die Universität 1965 auf das Drängen katholischer Familien der Oberschicht hin von den Jesuiten gegründet wurde, um ein Gegengewicht zur damals sozialistisch geprägten staatlichen Universidad de El Salvador zu bilden. Die Samen der Befreiungstheologie, einer in Lateinamerika entstandenen spezifischen Richtung der katholischen Theologie, die sich begleitet von einer umfassenden Gesellschaftskritik seit dem zweiten Vatikanischen Konzil auf dem gesamten Kontinent zur "Stimme der Armen" machte, um diese aus Rechtlosigkeit und Unterdrückung zu befreien und die Unrechtsstrukturen anzuklagen, fielen bei den Jesuiten von San Salvador auf fruchtbaren Boden. Mit einem starken Fokus auf eine fundierte und breit angelegte Grundausbildung ihrer Studenten und der akademischen Reflexion der nationalen sozio-politischen Realität gewann die Universität bald an Einfluss in der salvadorianischen Gesellschaft und ein internationales Renommé in den Feldern Soziologie, Sozialpsychologie, Sozialanthropologie, Philosophie und Theologie. In den 1970er und 80er Jahren war die UCA in der Hand der international geschätzten Jesuiten um Jon Sobrino, Ignacio Ellacuría, Ignacio Martín-Baró und Segundo Montes. Die UCA übte stets scharfe Kritik am staatlichen Repressionsapparat, unter dessen Verantwortung während des zwölfjährigen Bürgerkriegs hunderttausende Menschen gefoltert, verschleppt und ermordet worden waren. Ellacuría, Martín-Baró, Montes, drei weitere Jesuiten, eine Hausangestellte und deren Tochter bezahlten diesen mutigen Einsatz mit dem Leben, als sie im Morgengrauen des 16. November 1989 von einer Todesschwadron der Regierung brutalst hingerichtet wurden. Die Opfer des Attentats werden heute als Märtyrer verehrt, deren jedes Jahr am 16. November mit einem großen Fest gedacht wird, doch davon ein anderes mal mehr.
Dem Frieden, und der sozialen Gerechtigkeit verpflichtet, setzten die Lehrer der UCA ihre Arbeit unbeirrt fort. Auch zwanzig Jahre nach Ende des Bürgerkriegs begleitet die Universität die Entwicklung der jungen Demokratie kritisch und trägt stolz den Beinamen "Universität für den sozialen Wandel". Das Institut für Menschenrechte der Uni (IDHUCA) ist weit über die Landesgrenzen für seine Analysen und Forschungsarbeiten bekannt. Der berühmte Befreiungstheologe Jon Sobrino lehrt bis heute an der theologischen Fakultät. Derzeit sind etwa 9000  Studierende an der UCA eingeschrieben in Fächern von Theologie und Philosophie über Jura, Informatik, Architektur und Ingenieurswissenschaften bis hin zu Mathematik und Wirtschaftswissenschaften. Die Universität gehört laut internationaler Rankings zu einer der besten höheren Lehranstalten in Zentralamerika.
Von diesem kritischen Geist, seiner bewegten Geschichte, der herausfordernden Gegenwart und seiner ungewissen Zukunft angerührt zu werden, ist mein Plan für die kommenden beiden Jahre.
Konkret werde ich dies einwerseits im Rahmen des neuen Master-Programms "Teología Latinoamericana" tun. Ein Programm das explizit auf lokale und lateinamerikanische Herausforderungen im Zusammenhang mit Religion, Gesellschaft und sozialer Gerechtigkeit eingeht, stets jedoch im Kontext einer globalisierten Welt. Ein wichtiges Element hierbei ist auch das Kennenlernen der lokalen Kultur und starken Volksreligiösität sowie das Studium der zahlreichen indigenen Religionen der hiesigen Völker, die lange vor der gewalttätigen Verbreitung des Christentums blühende Hochkulturen hervorgebracht hatten. Andererseits werde ich mit dem kritischen Geist des Wandels auch neben dem Studium, das ja noch gar nicht begonnen hat, tagtäglich umweht. Die Erinnerungen an den Krieg und den schleppenden Versöhnungsprozess sind auch in der jungen Bevölkerung noch sehr präsent. Politisches Denken und Handeln, ehrenamtliches Engagement und die Auseinandersetzung mit der eingenen Geschichte sind vielerorts spürbar und sichtbar. Ich bin froh hier sein zu können, bin gespannt was alles auf mich zu kommen wird und berichte gerne davon.

Mit vielen, sonnigen Grüßen aus San Salvaodor in die Welt und bis zum nächsten Mal!



Benedicto XVI – y su eurocentrismo trágico


(die deutsche Version des Artikels findet sich weiter unten) 

 Querid@s amig@s,

mucho se habla en estos días sobre la renuncia anunciada del actual papa Benedicto XVI. tanto en los medios, dentro y fuera de la Iglesia católica y así también aquí en Latinoamérica. Aquí quiero recomendarles un comentario de mi prefesora Martha Zechmeister CJ que reflexiona sobre el pontificado de Josef Ratzinger y la dirección actual dominante eurocentrista de la iglesia desde una perspectiva latinoamericana y de la teología de liberación. La austríaca Martha Zechmeister era profesora de teología fundamental en las universidades de Passau, Viena, St. Pölten y Innsbruck y desde hace varios trabaja com profesora invitada en la Universidad Centroamericana "Jose Simeon Cañas". 
En mi opinión es un sincero y valiente manifiesto que comprueba que otra iglesia es posible y que me hace ver una vez más que justamente llegué al lugar apropiado para mi.

Con un fuerte abrazo desde San Salvador,
Benjamin

Benedicto XVI – y su eurocentrismo trágico

Martha Zechmeister CJ

Valiente, fuerte, lúcido -así renunció Joseph Ratzinger a su cargo y así será conocido  como Benedicto XVI en la historia. Confiesa sin agitación y en un modo sencillo que sus fuerzas físicas y psíquicas están disminuyendo. No se engaña, al reconocer que ya no es capaz de “gobernar el barco de San Pedro” en un mundo “sujeto a rápidas transformaciones y sacudido por cuestiones de gran relieve”. Como hombre de 85 años ha llegado a sus límites y tiene el valor de asumir las consecuencias de eso a pesar del ejemplo abrumador de Juan Pablo II. (¿O quizá exactamente a causa de ese ejemplo?)
Esto revela primero y ante de todo grandeza humana que merece respeto incondicional. No considerarse insustituible, “entregar el remo” libre y conscientemente, y así por último acercarse a la propia muerte con paz y conciliación -esto no solamente para los Papas- resulta una tarea difícil. Este acto vigoroso de relativizar a sí mismo, toca nuestro corazón y nos muestra a Joseph Ratzinger como ser humano, precisamente por su fragilidad y vulnerabilidad.
Este paso, más allá de esto, tiene dimensiones y fuerzas explosivas históricas, porque Joseph Ratzinger lo arriesgó en contra de la tradición y de la gravedad del cargo de un “sucesor de San Pedro”. Es una contribución valiente para desmitologizar el oficio papal. Revela con claridad: Esta tarea se confía a una persona humana -y la misma persona puede devolverlo por razones justas. El “funcionario” no se funde en una manera cuasi-mitológica con el cargo y tampoco está obligado a sufrirlo heróicamente hasta el amargo final. En su camino hacia la modernidad así se adelantó claramente el teólogo conservador, Joseph Ratzinger, al líder carismático socialista, Hugo Chávez.
Al mismo tiempo Benedicto XVI resguarda con este último acto oficial, a sí y a su Iglesia, el espectáculo indigno que su persona se transformara progresivamente en un juguete a merced de las intrigas y de las aspiraciones al poder. Aunque Benedicto nunca ha excluido la posibilidad de una dimisión, ahora sorprende su audacia al desencantar el cargo papal de esta manera -liberarlo del nimbo y de la sacralización irracional.
En la despedida se revela el corte de este personaje -pero exactamente por eso sería irrespetuoso y cobarde de cara a esta persona no enfrentarse al legado ambiguo que nos deja. Quiero hacerlo desde una perspectiva selectiva, desde la perspectiva latinoamericana:
Benito de Nursia, el patrono de Europa, ha dado su nombre a este pontificado que termina -y este nombre fue su programa. La preocupación ardiente de Benedicto XVI se dedicaba a la Europa secularizada y con una fe agotada; la preocupación por un mundo, que se libera desde su relación con Dios y por eso “se oscurece su horizonte ético” y “se pierde el fundamento de sus valores”. Joseph Ratzinger se esforzaba para intermediar entre la fe y la razón contemporánea. Pero aparentemente a él, también como papa, ha quedado lejana e inaccesible la situación en otros continentes, que no están marcados por la ilustración europea y en cuales el ateísmo hasta hoy ha quedado como un fenómeno marginal.
Nunca fue fácil para Benedicto acercarse a las grandes tradiciones de Asia y a su pluralismo religioso. Pero todavía menos fue capaz de reconocer el desafío urgente a buscar nuevas formas de ecumenismo con las iglesias pentecostales que crecen aceleradamente en América Latina. Desde hace tiempo no se dejan descartar como “sectas”, confrontan a la Iglesia católica con sus debilidades y exigen un diálogo entre iguales. El Papa eurocéntrico no lograba enfrentarse a la situación de sociedades las cuales, ciertamente, no tienen el Ateísmo como problemática central. En estas sociedades la pregunta por Dios se plantea en un modo totalmente diferente, sin embargo se impone en un modo no menos elemental. Lo que hace falta allá son criterios para el discernimiento entre el “Dios de la vida” y los “ídolos de la muerte”; criterios del discernimiento entre una fe liberadora, una Iglesia con rostro jesuánico a un lado -y formas alienantes e infantilizantes de una espiritualidad salvaje y rampante al otro lado. Urge buscar y encontrar estos criterios fuera y dentro de la Iglesia católica.
La limitación trágica de Benedicto XVI por el eurocentrismo ha encontrado su expresión condensada y aguda en su discurso con motivo de la inauguración de la V Conferencia General del Episcopado Latinoamericano y del Caribe celebrado en Aparecida, el 13 de mayo de 2007. En verdad es inconcebible cómo un intelectual de este corte puede pronunciar una afirmación tanto ingenua como a-dialéctica: “La fe en Dios ha animado la vida y la cultura de estos pueblos durante más de cinco siglos. Del encuentro de esa fe con las etnias originarias ha nacido la rica cultura cristiana de este continente… formando una gran sintonía en la diversidad de culturas y de lenguas”. Como si la cultura indígena no hubiera sido una cultura profundamente religiosa mucho antes de la llegada del cristianismo; como si el “encuentro” con Europa no hubiera comenzado como un asalto brutal -y como si la cristianización de América Latina no hubiera sido mezclada en una manera nefasta con genocidio y explotación.
La relación difícil de Joseph Ratzinger con América Latina tiene una larga historia. En el surgimiento de la teología de liberación nunca fue capaz de ver otra cosa que la reducción fatal del mensaje cristiano a la política. Nunca fue capaz de encontrarse con su planteamiento en una manera natural, sino ha quedado cautivado por la obsesión que cualquier préstamo en ideas o en métodos del análisis marxista de la sociedad necesariamente llega a la desfiguración y perversión de la fe cristiana. Como prefecto de la Congregación para la Doctrina de la Fe redactó en 1984 la Instrucción sobre algunos aspectos de la Teología de la liberación“, la que ha desarrollado un impacto desastroso a lo largo de los años. Se quebró con esta instrucción la salida esperanzadora de la Iglesia latinoamericana que hizo sentir el espíritu de Pentecostés y tenía como consecuencia que por primera vez en su historia no fuera percibida como Iglesia de la oligarquía, sino como Iglesia de la mayoría pobre. Fuerzas reaccionarias obtenían ventaja en la Iglesia y marginaron a obispos de grandeza histórica. Innumerables seres humanos -obispos, sacerdotes laicos y laicas- murieron únicamente porque trataban de vivir como Jesús y de tomar el Evangelio en serio. Con la “instrucción” Roma denegó el respaldo moral y la solidaridad a estas personas, vulnerables y expuestas a la persecución por las dictaduras militares de la derecha.
Sería injusto imputar al papa en su despedida que no fuera sensible al escándalo de la injusticia, que no hubiera exigido la “opción por los pobres”. Sin embargo en vano es buscar en su pensamiento un conexo vital entre “Dios” y la “lucha por la justicia”. Que el europeo, Joseph Ratzinger, motivado por sus experiencias con los regímenes totalitarios haya redactado dicha “instrucción”, se puede entender, con buena voluntad, como un error histórico con consecuencias graves. Sin embargo que el papa Benedicto XVI, 25 años más tarde, defienda todavía exactamente las mismas posiciones nos deja perplejos. Otra vez habla de los peligros de una recepción acrítica de tesis marxistas con ocasión de la visita “ad limina” de obispos brasileños el 5 de diciembre de 2009: “Sus consecuencias más o menos visibles, hechas de rebelión, división, disenso, ofensa y anarquía, todavía se dejan sentir, creando en vuestras comunidades diocesanas un gran sufrimiento y una grave pérdida de fuerzas vivas. Suplico a todos los que de algún modo se han sentido atraídos, involucrados y afectados en su interior por ciertos principios engañosos de la teología de la liberación, que vuelvan a confrontarse con la mencionada Instrucción, acogiendo la luz benigna que ofrece a manos llenas”.
Palabras como esas nos dan pena. Primero, porque fue exactamente la política agresiva del Vaticano la que ocasionaba “división, disenso,… gran sufrimiento y una grave pérdida de fuerzas vivas” en la Iglesia Latinoamericana. Lo que hubiera hecho falta no es un nuevo adoctrinamiento sino más bien la súplica por perdón. Segundo, desconcierta el anacronismo de esta afirmación. No se trata de glorificar los sistemas socialistas actuales de América Latina, pero lo que hoy amenaza y aniquila a su gente no es el “fantasma del comunismo” sino la desigualdad escandalosa, el caldo de cultivo ideal para la violencia y el crimen organizado.
¡Se permite soñar en la cátedra de San Pedro con un hombre -o con una mujer- que este dispuesto a aprender de los grandes profetas de América Latina como Óscar Romero, Paolo Arns y Leonidas Proaño, y así podrá acercar más a la Iglesia a su origen como movimiento de Jesús!

Martha Zechmeister, C.J.
Directora de la Maestría en Teología, UCA

Benedikt XVI – und sein tragischer Eurozentrismus


Der angekündigte Rücktritt von Papst Benedikt XVI. schlägt seine Wellen in den Medien, innerhalb und außerhalb der katholischen Kirche und so nicht minder hier in Lateinamerika. Aus gegebenem Anlass poste ich hier einen Text von meiner Professorin Martha Zechmeister, der so manche/n evtl. interessieren könnte. In ihrem Kommentar reflektiert sie das Pontifikat Josef Ratzingers und damit auch den aktuell dominanten Weg einer eurozentristischen Kirche aus einer befreiungstheologischen, lateinamerikanischen Perspektive. Die Österreicherin Martha Zechmeister ist Fundamentaltheologin, lehrte zuvor in Passau, Wien, St. Pölten, Innsbruck und ist nun seit bereits vielen Jahren Gastprofessorin an der UCA hier in San Salvador. Der Text erscheint in leicht gekürzter Fassung in der aktuellen Ausgabe der österreichischen Wochenzeitung "Die Furche". Meiner Meinung nach ist es ein mutiges und ehrliches Manifest, das beweist, dass Kirche auch anders sein kann und mir einmal mehr zeigt, dass ich hier genau richtig bin.

In diesem Sinne herzliche Grüße aus San Salvador,
Benjamin


Benedikt XVI – und sein tragischer Eurozentrismus

Martha Zechmeister CJ

Mutig, stark, klar – setzt Joseph Ratzinger die Handlung, durch die Papst Benedikt XVI in die Geschichte eingehen wird. Unaufgeregt und schlicht gesteht er das Nachlassen seiner körperlichen und geistigen Kräfte ein - und er macht sich nichts darüber vor, dass es ihm nicht mehr möglich ist, einer sich rasant verändernden Welt, die von ungelösten Fragen hin- und hergeworfen wird, „Steuerungsfunktion“ wahrzunehmen. Als 85-Jähriger sieht er sich an seine Grenz gekommen und hat den Mut daraus die Konsequenzen zu ziehen – trotz (oder vielleicht gerade wegen?) des erdrückenden Vorbilds Johannes Pauls II.

Dies ist offenbart zuerst und vor allem menschliche Größe, die unbedingten Respekt verdient. Sich nicht für unersetzlich zu halten, bewusst und frei das Ruder aus der Hand zu geben und damit letztlich versöhnt auf den eigenen Tod zuzugehen, dies fällt bei Gott nicht nur Päpsten schwer. Dieser kraftvolle Akt der Selbstrelativierung berührt und lässt Joseph Ratzinger - gerade in seiner Fragilität und Schwäche - als Mensch sehr nahekommen.

Diesen Schritt angesichts der Tradition und Schwerkraft des Petrusamtes zu setzen, verleiht ihm darüber hinaus historische Dimensionen und Sprengkraft. Er ist ein mutiger Beitrag zur Entmythologisierung des päpstlichen Amtes. Er macht klar: Diese Aufgabe wird dem Träger übertragen – und er kann sie aus gerechten Gründen auch wieder abgeben. Der Träger verschmilzt nicht quasi-mythologisch mit diesem Amt und er muss es auch nicht heroisch bis zum bitteren Ende „ausleiden“. Auf dem Weg in die Moderne hat damit der konservative Theologe Ratzinger den charismatischen Sozialisten, Hugo Chavez, deutlich überrundet.

Zugleich erspart Benedikt XVI mit dieser letzten Amtshandlung sich und seiner Kirche das würdelose Spektakel, in dem seine Person zunehmend zum Spielball von Intrigen und Machtspielen geworden wäre. Auch wenn Benedikt XVI einen Rücktritt nie als Möglichkeit ausgeschlossen hat, so überrascht jetzt doch seine Kühnheit, das Amt des Papstes so zu „ernüchtern“ und es vom Nimbus und von irrationaler Sakralisierung zu befreien.

Im Abschied offenbart sich das Format dieser Persönlichkeit – gerade deshalb jedoch wäre respektlos und feige ihr gegenüber, sich nicht auch dem zwiespältigen Nachlass zu stellen, mit dem sie uns zurücklässt. Ich möchte dies jetzt aus einer selektiven, aus der lateinamerikanischen, Perspektive tun:

Benedikt von Nursia, der Patron Europas, ist der Namensgeber dieses zu Ende gehenden Pontifikats – und dieser Name war sein Programm. Die brennende Sorge Benedikt XVI galt dem säkularisierten und glaubensmüden Europa – der Sorge um eine Welt, die sich aus ihrem Gottesbezug löst, und in der sich deshalb der „ethische Horizont verdunkelt, die ihre „Wertebasis verliert“. Joseph Ratzinger mühte sich um die Vermittlung zwischen Glauben und moderner Vernunft. Doch offensichtlich ist ihm auch als Papst die Situation anderer Kontinente fremd geblieben, die nicht durch die europäische Aufklärung geprägt sind und in der der Atheismus bis heute eine marginale Erscheinung geblieben ist.

Benedikt hat sich schwer getan mit den großen religiösen Traditionen Asiens. Und noch weniger vermochte er die drängende Herausforderung zu erkennen, in Lateinamerika um eine neue Form der Ökumene mit den stürmisch wachsenden Pfingstkirchen zu ringen. Diese lassen sich längst nicht mehr einfach als „Sekten“ abtun, sie konfrontieren die katholische Kirche mit ihren Defiziten und fordern den Dialog auf Augenhöhe. Der eurozentrische Papst vermochte es nicht, sich der Problematik von Gesellschaften stellen, deren Problem gewiss nicht im Atheismus besteht, sondern in denen sich die Gottesfrage auf ganz andere, doch ebenso elementare Weiseaufdrängt. Was dort gefordert ist, sind Kriterien der Unterscheidung zwischen dem „Gott des Lebens“ und den „Götzen des Todes“; Kriterien der Unterscheidung zwischen einem befreienden Glauben, einer Kirche mit jesuanischem Antlitz, einerseits - und entfremdenden und infantilisierenden Formen einer wildwuchernden Spiritualität andererseits. Außerhalb wie innerhalb der katholischen Kirche tun diese Kriterien bitter not.

Die tragische Befangenheit Benedikts XVI im Eurozentrismus hat ihren verdichteten und zugespitzten Ausdruck in seiner Ansprache zur Eröffnung der V. Lateinamerikanischen Bischofskonferenz in Brasilien, Aparecida, am 13. Mai 2007 gefunden. Es ist eigentlich unfasslich, wie ein Intellektueller von seinem Format vor dem gesamten lateinamerikanischen Episkopat und den Augen der Weltöffentlichkeit eine derart naive, undialektische Aussage zu formulieren vermag: „Aus der Begegnung jenes Glaubens mit den Urvölkern ist die reiche christliche Kultur dieses Kontinents entstanden … hat aus der Vielfalt von Kulturen und Sprachen einen tiefen Einklang entstehen lassen.“ So als ob die indigene Kultur nicht längst vor dem Christentum eine zutiefst religiöse Kultur wäre; so als ob die „Begegnung“ mit Europa nicht als brutaler Überfall begonnen hätte - und die Christianisierung Lateinamerikas nicht auf unheilvolle Weise mit Völkermord und Ausbeutung verquickt gewesen wäre.

Das schwierige Verhältnis Joseph Ratzinger zu Lateinamerika hat eine lange Geschichte. In den Aufbrüchen der Befreiungstheologie vermochte er nie etwas anderes zu erkennen, als die verhängnisvolle Verkürzung der christlichen Botschaft auf Politik. Er vermochte ihr nie unbefangen zu begegnen, sondern bleibt geradezu fixiert auf den Gedanken, dass jede Anleihe bei marxistischer Gesellschaftsanalyse notwendig zu Entstellung und Perversion führen muss. Als Präfekt der Glaubenskongregation verfasst er 1984 die „Instruktion über einige Aspekte der Befreiungstheologie“, die eine verheerende Wirkungsgeschichte entfaltete. Der pfingstliche Aufbruch der lateinamerikanischen Kirche, die erstmals in ihrer Geschichte nicht als Kirche der Oligarchie, sondern als Kirche der Armen erlebt wurde, wurde mit dieser Instruktion gebrochen. Kirchlich reaktionäre Kräfte bekamen Oberhand und marginalisierten Bischöfe von historischem Format. Unzählige Menschen, Bischöfe, Priester, Laien starben damals nur deshalb, weil sie versuchten wie Jesus zu leben und das Evangelium beim Wort zu nehmen. Diesen Menschen, die der Verfolgung durch rechte Militärdiktaturen ausgesetzt waren, verweigerte Rom mit der „Instruktion“ die moralische Rückendeckung und Solidarität.

Es wäre unfair dem scheidenden Papst zu unterstellen, dass er nicht sensibel für den Skandal der Ungerechtigkeit wäre, dass er nicht die „Option für die Armen“ eingefordert hätte. Doch wir suchen in seinem Denken vergebens nach dem vitalen Zusammenhang zwischen dem Gottes-thema und dem Kampf um Gerechtigkeit. Dass der Europäer Joseph Ratzinger, durch seine Erfahrung mit den totalitären Regimen motiviert, 1984 zu den Konklusionen der „Instruktion“ kam, kann noch irgendwie als folgenschwerer historischer Irrtum gelesen werden. Dass Papst Benedikt XVI, 25 Jahre später, die fast selben Positionen unbeirrt weiter vertritt, lässt ratlos zurück. Beim „Ad-Limina“-Besuch brasilianischer Bischöfe am 5. Dezember 2009, redet er wiederum von den Gefahren der kritiklosen Übernahme marxistischer Thesen: „Ihre mehr oder weniger sichtbaren Folgen – Rebellion, Spaltung, Dissens, Beleidigung und Anarchie – sind noch heute spürbar und rufen in euren Diözesangemeinden großes Leiden und einen schwerwiegenden Verlust lebendiger Kräfte hervor. Ich bitte alle, die sich irgendwie von gewissen trügerischen Prinzipien der Befreiungstheologie in ihrem Innersten angezogen, angesprochen und berührt fühlen, sich neuerlich mit der oben genannten Instruktion auseinanderzusetzen, indem sie das milde Licht empfangen, das sie ausgestreckten Händen bietet.“

Solche Worte berühren peinlich: Erstens, weil es gerade die aggressive Politik des Vatikans war, die „Spaltung, Dissens,… großes Leiden und einen schwerwiegenden Verlust lebendiger Kräfte“ über die lateinamerikanische Kirche brachte. Nicht neuerliche Belehrung, sondern die Bitte um Vergebung wäre dringend angebracht gewesen. Und zweitens macht der Anachronismus dieser Aussagen ratlos: Ohne die sozialistischen Systeme der Gegenwart schönzureden – doch das was Menschen heute in Lateinamerika bedroht und vernichtet, ist nicht das „Gespenst des Kommunismus“, sondern die skandalöse Ungleichverteilung, die zugleich den idealen Nährboden für Gewalt und organisiertes Verbrechen hergibt.

Von einem Mann – oder von einer Frau – auf dem Stuhl Petri, der bereit ist, von den großen Propheten Lateinamerikas, von Männern wie Oscar Romero, Paolo Arns und Leonidas Proaño, zu lernen und die Kirche damit ihren jesuanischen Ursprüngen näherzubringen, darf geträumt werden!



Prof. Dr. Martha Zechmeister CJ ist Fundamentaltheologin und Dozentin an der Universidad Centroaméricana „José Simeón Cañas“ (UCA) in San Salvador, El Salvador (Mittelamerika).